Kräuterbrief Juli 2018
Roter Holunder (Sambucus racemosaa)
Die unbeachtete Vitamin-C-Bombe
Sein Bruder, der schwarze Holunder findet heute noch vielerorts unterschiedlichste Anwendung. Ob als Blütensaftsaft, als Marmelade, als Beerensaft, als Holunderkoch – der Rezepte gibt es viele.
Doch wie steht es um den unbeachteten kleinen Bruder, dem roten Holunder?
Dieses Jahr findet man viele wertvolle Früchte des roten Holunders. An Waldrändern entdecken wir ihn jetzt gerade. Während der schwarze Holunder schwarze Früchte zeigt, sind jene des roten Holunders schön knallrot. Doch wieso ist diese Vitamin-C-Bombe so unbeachtet? Wieso galt in manchen Familien die Überlieferung, dass er nicht gegessen werden darf? Weil er giftig ist? In anderen Familien wiederum, wurden heftige Streitereien um die Früchte ausgetragen?
Vitamin-C-reiches Niederösterreich
Im niederösterreichischen Flachland fanden die Menschen in der Natur viele Vitamin-C-Lieferanten, von Hagebutten bis Weißdorn, Schlehe, Johannisbeeren, welche unbedenklich roh vom Strauch gegessen werden konnten. Die Menschen waren daher auf die Vitamin-C-haltigen Früchte des roten Holunders nicht angewiesen.
Nicht die Kerne essen!
Andererseits dürfen von den Früchten des roten Holunders die Kerne nicht mitgegessen, sondern nur das Fruchtfleisch verspeist werden. In den Familien wo Ackerbau betrieben wurde, waren die Erwachsenen tagsüber mit der Feldarbeit beschäftigt und die Kinder größtenteils auf sich alleine gestellt. Der Einfachheit und Sicherheit zuliebe sagten die Erwachsenen den Kindern, bei allen Früchten, welche roh bedenklich zu essen sind, wie der rote Holunder, wo die Kerne nicht gegessen werden dürfen, dass diese Früchte giftig seien und gar nicht gegessen werden dürfen. Die Kinder wurden erwachsen und erzählten die ihren Kindern weiter, so entstand beim roten Holunder die Überlieferung, dass er nicht gegessen werden dürfe.
Anwendung in anderen Regionen
In den höher gelegenen Gebirgsregionen wachsen wenig Vitamin-C-Lieferanten. In den Alpen und im Alpenvorland waren die Leute auf die Früchte des roten Holunders bei Erkältungen, Grippe etc. angewiesen. Daher wurde dort der rote Holunder stets verwendet. Wuchs so eine Staude an der Grundgrenze zweier Familien, dann gab es nicht selten Streitereien um die Früchte des Strauches. Jeder wollte mehr kostbare Beeren ernten.
Aus dem roten Holunder wurden Marmeladen und Verdünnungssäfte zubereitet. Außerdem bereiteten die Menschen ein „Allroundmittel“ das „rote Öl“ aus den Früchten des roten Holunders zu.
Zerdrückt man so eine Beere mit den Fingern, dann spürt man das im Fruchtfleisch enthalten Öl auf der Haut.
Rotes Holunderöl bei Wunden, Fieberblasen, Halsschmerzen, Erkältung, Grippe
Eines der kostbarsten und teuersten Rezepte ist das „rote Holler Öl“.
Schritt 1: Hierzu drückt man die Früchte des roten Holunders mit einem Löffel durch ein feines Küchensieb. Der ölhaltige Saft wird dabei durch das Sieb gedrückt und die Kerne mit Haut bleiben im Sieb.
Schritt 2: Der ölhaltige Saft wird nun in einem Kochtopf bei ganz kleiner Hitze so lange am Herd gelassen, bis das Öl aufschwimmt. Dies dauert 2 bis 3 Stunden.
Schritt 3: Das Öl wird abgeschöpft und in einem verschließbaren Gefäß aufbewahrt.
Anwendung bei Halsschmerzen oder Erkältungen: nehmen Sie einen Teelöffel des Holunderöls ein.
Anwendung bei Wundern, Verletzungen, Hautproblemen oder Fieberblasen: Geben Sie etwas davon auf die betroffenen Körperstellen.
Mehr Rezepte zum roten Holunder finden Sie in den Büchern „Wildnisapotheke“ und „Der Pepi Onkel“ erschienen im Freya Verlag, erhältlich im Buchhandel und im Webshop.
Eunike Grahofer
Kräuterpädagogin mit Leib und Seele
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